Aktuelles aus der Homöopathie

Hufeland-Forschungspreis für die Clinica Santa Croce: Homöopathie verbessert die Lebensqualität von Krebspatienten

27.09.2019

Clinica Santa Croce

Homöopathische Behandlungen sind fester Bestandteil der Komplementärmedizin. In der Onkologie versucht man damit vor allem die Lebensqualität von Krebspatienten zu verbessern, die unter den Nebenwirkungen und Folgeerscheinungen von Chemotherapie und Bestrahlungen leiden.

Die Wirksamkeit einer solchen homöopathischen Behandlung hat die Arbeitsgruppe um Matthias Rostock von der Universitätsklinik Freiburg in einer Privatklinik im schweizerischen Orselina untersucht. Seine Arbeit wurde 2012 mit dem Hufeland-Forschungspreis ausgezeichnet1.

Was ist der Hufeland-Forschungspreis?

Der Hufeland-Preis erinnert an den deutschen Arzt Christoph Wilhelm Hufeland (1762 – 1836). Er stammte aus einer alten Arztfamilie und wurde als Hofmedicus der Herzogin Anna Amalia in Weimar bekannt, wo er unter anderem Goethe, Schiller und Herder behandelte. Er führte das erste Leichenschauhaus ein, und seine praktischen Ratschläge über die „Kunst der Lebensverlängerung“ finden sich bis heute in zahlreichen Gesundheitsratgebern2 3.

Außer Apotheken und Kliniken ist ein Forschungspreis nach ihm benannt, nicht zu verwechseln mit dem noch renommierteren Hufeland-Preis der Deutschen Ärzteversicherung. Er wird seit 2010 vergeben und zeichnet herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Komplementärmedizin und Integrativen Medizin aus. Finanziert werden die 1.500 Euro Preisgeld vom Dachverband der Ärztegesellschaften für Naturheilkunde und Komplementärmedizin. Damit würdigt man wissenschaftliche Arbeiten, in denen systemische Therapien über das einfache Prinzip von Ursache und Wirkung hinausgehen4.

Das Konzept der Clinica Santa Croce

In der Clinica Santa Croce (Clinica Dr. Spinedi) werden Patienten mit Krebs und chronischen Erkrankungen seit 1997 nach den Regeln der klassischen Homöopathie behandelt. Die stationäre Aufnahme ermöglicht eine schnellere und exaktere Wahl des anzuwendenden Einzelmittels als bei der sonst üblichen ambulanten Behandlung bei einem Heilpraktiker. Die Therapie erfolgt in der Regel als Ergänzung zur schulmedizinischen Therapie5.

Die prämierte Veröffentlichung

Wissenschaftler der Klinik für Tumorbiologie der Universität Freiburg haben eine systematische Studie zum Effekt einer homöopathischen Behandlung bei Krebspatienten durchgeführt. Dazu untersuchten sie 259 Patienten mit adjuvanter homöopathischer Therapie der Clinica Santa Croce und 380 Patienten unter rein konventioneller Behandlung in Kliniken in Freiburg, Weilheim und Offenburg.

Solche unterschiedlichen Therapien sind in Studien schwer zu untersuchen – daher versuchte man möglichst zueinander passende Paare von Patienten (paired matches) mit der jeweils gleichen Krebsart zu bilden, von denen der eine mit, der andere ohne Homöopathie behandelt wurde. Ein Großteil davon waren Frauen mit Brustkrebs. Unabhängig von ihrer Therapiemethode machten beide Gruppen zusätzlich nach Belieben von weiteren komplementärmedizinischen Verfahren wie der Misteltherapie oder Vitaminen Gebrauch.

Das hauptsächliche Augenmerk lag auf der Lebensqualität nach dreimonatiger Behandlung. Nach einem Jahr betrachtete man zusätzlich die Entwicklung von Müdigkeit (Fatigue), Ängsten und Depressionen, wie sie bei Tumorpatienten eher die Regel als die Ausnahme sind.

In der Homöopathie-Gruppe wurde in den ersten drei Monaten eine deutliche Besserung der Lebensqualität verzeichnet, wohingegen diese bei konventionell behandelten Patienten gleichblieb. Danach nahm sie in beiden Gruppen weiter zu. Außerdem zeigte sich eine Tendenz zu weniger Fatigue-Symptomen bei den homöopathisch behandelten Personen1.

Fazit

Bei dieser Untersuchung handelt es sich um die erste längerfristige Studie an Krebspatienten unter homöopathischer Zusatzbehandlung und im Vergleich zu einer konventionellen Therapie. Allein das ist in Anbetracht des diffizilen Studiendesigns ein Meilenstein. Ohnehin sind klinische Studien als Goldstandard beim Nachweis eines therapeutischen Nutzens einer Behandlung in der Homöopathie schwierig, da Patienten mit der gleichen Erkrankung mit völlig unterschiedlichen Einzelmitteln behandelt werden.

Das Ergebnis spricht für eine Verbesserung der Lebensqualität von onkologischen Patienten durch eine unterstützende homöopathische Behandlung. Allerdings muss man diesen Befund mit Vorsicht interpretieren: Die matched-pairs-Analyse ist begrenzt aussagekräftig, da man gerade in der Onkologie keine hundertprozentig zueinander passenden Paare bilden kann. Zudem waren die Gruppen für eine statistisch signifikante Aussage zu klein. Ebenso macht die zusätzliche, nach Belieben der Patienten eingesetzte Anwendung weiterer komplementärmedizinischer Verfahren in beiden Gruppen die Interpretation nicht leichter.

Außerdem muss man berücksichtigen, dass es sehr verschiedene Formen von Krebs mit unterschiedlichen Ursachen und unterschiedlichem Verlauf gibt. Letzten Endes haben Brustkrebs und Prostatakrebs so viel miteinander zu tun wie Schnupfen und Durchfall. Ebenso waren die verwendeten Einzelmittel – gemäß dem Wesen der klassischen Homöopathie - völlig unterschiedlich. Daher muss man mit der Interpretation vorsichtig sein und sollte sich keine möglicherweise unberechtigten Hoffnungen machen. Die Behandlung einer Krebserkrankung allein mit Homöopathie kann nach derzeitigem Wissensstand nicht empfohlen werden, auch wenn einige Patienten der Clinica Santa Croce nach intensiver Beratung davon Gebrauch machen.

Die Wissenschaftler weisen selbst in ihrer Publikation darauf hin, dass keine homöopathischen Mittel, sondern homöopathische Behandlungen untersucht wurden. Das umfasst den gesamten Prozess von der Anamnese, Mittelwahl und Patientenbetreuung - mit vielen Zyklen aus Frage, Rückmeldung und Anpassung. Eine solche intensive Betreuung hat sicherlich einen Effekt auf die psychologische Situation eines Patienten und beeinflusst somit dessen Lebensqualität und damit das Studienergebnis. Den Einfluss der homöopathischen Behandlung auf das Tumorgewebe selbst wurde dabei nicht unter die Lupe genommen.

In jedem Fall ist der Befund aber so interessant, dass man ihn in neuen, größeren und ausgefeilteren Studien weiter untersuchen sollte.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

(1) Rostock, M.; Naumann, J.; Guethlin, C.; Guenther, L.; Bartsch, H. H.; Walach, H. Classical Homeopathy in the Treatment of Cancer Patients--a Prospective Observational Study of Two Independent Cohorts. BMC Cancer 2011, 11, 19. https://doi.org/10.1186/1471-2407-11-19.

(2) mdr.de. Wer war Christoph Wilhelm Hufeland? | MDR.DE https://www.mdr.de/zeitreise/weitere-epochen/neuzeit/wer-war-christoph-wilhelm-hufeland-100.html (accessed Sep 20, 2019).

(3) Hufeland und die Kunst, das Leben zu verlängern https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2011/daz-36-2011/hufeland-und-die-kunst-das-leben-zu-verlaengern (accessed Sep 20, 2019).

(4) Hufelandgesellschaft: Hufeland-Forschungspreis http://www.hufelandgesellschaft.de/hufeland_forschungspreis0.html (accessed Sep 20, 2019).

(5) Home https://www.clinica-dr-spinedi.ch/de/ (accessed Sep 20, 2019).

 

Autor
Dr. rer. medic. Harald Stephan - Biologe und promovierter Medizinwissenschaftler

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